Weiterhin lag mein Blick musternd auf dem Fremden, während ich nebenbei Demetris Worten lauschte, der den befohlenen Bericht abgab, nachdem er die beiden Wachen weggeschickt und sich, wie es das Protokoll verlangte, verneigt hatte. Kurz sah ich zu dem Tracker.
"Du darfst dich entfernen. Sollte irgendetwas, was hier geschehen ist, weiter getragen werden, so werden wir uns noch einmal unterhalten müssen" befahl ich. Mein Tonfall machte deutlich, wo die Unterhaltung stattfinden würde - in der Folterkammer und es würde mir nicht wenig Vergnügen bereiten. Es war mir recht egal, ob mein angeblicher Sohn mich nun für unfreundlich, herzlos oder dergleichen hielt - ich war einer der Herrscher der Vampirwelt und auch wenn ich nett sein konnte, so hatte ich doch einen Ruf zu verlieren, den ich in der Öffentlichkeit wahren musste. Meinen guten Ruf würde ich sicherlich nicht wegen eines angeblichen Sohns aufs Spiel setzen. Langsam schritt ich im Kreis um ihn herum. Das schlagende Herz war deutlich für mich zu vernehmen, doch sein Geruch war nicht der eines Menschen, sondern so ähnlich wie der der kleinen Cullen.
"Wie ist dein Name? Woher stammst du? Wer war deine Mutter, wenn ich dein Vater sein soll?" fragte ich, wie üblich, wenn ich ein Verhör führte, nur dass dabei mehr Blut floss, als am heutigen Tag. "Woher weißt du von uns?"

Ich beobachtete wie der Blick des Meisters immer noch auf Lucian lag und wie er meine Worten nebenbei zuhörte. Bei seinen Worten hin nickte ich nur leicht und verbeugte mich vor meinen Meister. "Wie sie wünschen Meister Caius", sagte ich nur, entfernte mich dann langsam von meinen Meister. Befahl aber den niedrigen Wachen das sie in reichweite sein sollen falls der Meister in Gefahr sein sollte. Dann machte ich mich auf den Weg zum Schloss und hatte ein komisches Gefühl gehabt, aber mein Befehl war eben mich zu entfernen.


Jetzt war mir zum ersten mal doch ein wenig mulmig zu Mute, aber da musste ich wohl oder übel durch, ich hatte es nicht anders gewollt. Ob nun jetzt oder später würde wohl keinen großen Unterschied machen. Ich lauschte den Worten von Demetri, der sich laut Anweisung entfernen sollte, sodass ich mit meinem schlecht gelaunten Gegenüber, der mein Vater sein soll, alleine dastand. Gut, was konnte mir großartig passieren? Sterben ... Das wäre die schlimmere Option von allem, zumindest war dies mein Anschein. Nun fokussierte ich mich auf den blonden Meister und vernahm seine Fragen, die genauso wissbegierig klangen wie die von Demetri, aber meckern wollte ich nun auch nicht. "Ich heiße Lucian und lebe seit kurzem das Leben eines Nomaden. Meine Mutter war Annabelle Lorraine und ich weiss durch Erzählungen und vermehrten Fragens über Sie bescheid. Also das Sie mein Vater sind, sein sollen, wie auch immer." würde ihm das als Antwort reichen? Ich würde es wohl früh genug herausfinden, dass stand fest. Ich stand nun ruhig da und musterte den Mann aufmerksam.

Nachdem ich gesprochen hatte, verneigte Demetri sich und ging, so wie es der Befehl gewesen war. Nun war ich, größtenteils, mit meinem angeblichen Sohn alleine, wenn man mal von den niederen Wachen absah. Deren Schutz benötigte ich grundsätzlich nicht, immerhin war ich einer der besten und erfahrensten Kämpfer der ganzen Vampirwelt. Ein Halbvampir konnte mir nicht gefährlich werden und es war reiner Selbstmord, so nah an Volterra einen Angriff zu wagen. Nicht einmal den verfluchten Rumänen traute ich eine solche Torheit zu. Auch wenn sie so dumm waren, dass man es ihnen doch zutrauen konnte. Mit einer eindeutigen Geste schickte ich die beiden niederen Wachen ebenfalls weg und warf ihnen einen strengen Blick zu, ehe ich dann zuhörte, wie mein Gegenüber meine Fragen beantwortete. Lucian hieß er also. Bei dem Namen seiner Mutter musste ich mich ziemlich beherrschen. Annabelle war tatsächlich die einzige Frau gewesen, der ich außer meiner Gemahlin in den letzten 3500 Jahren jemals näher gekommen war. Außer mir und meinem Bruder wusste davon niemand. Die Wahrscheinlichkeit schien hoch, dass die Geschichte stimmte, doch ich würde Aro wohl bitten müssen, sich trotzdem seine Gedanken anzusehen. Ich legte die Hände hinterm Rücken zusammen, während mein Blick nachdenklich wurde.
"Ich verstehe." meine Stimme klang nicht mehr ganz so kalt, wie zuvor. "Wer hat dir von uns erzählt? Und was hast du nun vor?" Kurz überlegte ich, ob es nicht sicherer wäre, ihn einfach so umzubringen. Damit würde ich immerhin der Notwendigkeit aus dem Wege gehen können, Athenodora alles zu erzählen. Allerdings wusste Demetri von der ganzen Sache und er konnte sich verplaudern. Ich würde wohl die Verantwortung für ihn übernehmen müssen.


So langsam wusste ich nicht, was ich von der ganzen Sache halten sollte, denn als der blonde auch noch die restlichen Wachen wegschickte, war ich doch leicht verunsichert. Aber was wollte er tun? Mich hier einfach so töten? Mich fortjagen oder oder oder? Ich gab mir Mühe ein wenig optimistischer zu sein, denn ich hatte es ja schliesslich so gewollt. Denn rein theoretisch könnte es mir ja egal sein, wer mein Erzeuger war, doch in diesem Sinne war ich ein wenig wie eine Frau gepohlt und wurde von einer riesigen Neugier übermannt. Oder man nannte es einfach jugendlichen Leichtsinn, dass kam auch gut hin.
Ich blieb ganz ruhig, musterte jede einzelne Bewegung, Gestik und Mimik meines Gegenübers und hörte ihm aufmerksam zu, als dieser erneut anfing Fragen zu stellen. Kurz holte ich tief Luft und erörterte ihm, was er wissen wollte. "Eine Nomadin, die ich kennenlernte meinte das ich Ihnen ähneln würde, ich fragte sie, wen sie denn meinte. Aber groß geholfen hatte es mir im ersten Moment nicht. Daraufhin fragte ich meinen Onkel und dieser nannte mir ihren Namen, den er von meiner Mutter erfahren hatte. Ja und jetzt bin ich hier, ich wollte mir ein Bild von Ihnen machen, mich davon selbst überzeugen das wir uns ähneln. Und es kein hinterlistiger Plan meines Onkels war, mich loszuwerden" gab ich ehrlich zu und das würde wohl auch Aro in meinen Gedanken sehen können.

Lucian blieb ruhig und beobachtete mich aufmerksam. Das war grundsätzlich etwas anderes, als ich gewohnt war - die meisten Vampire zitterten ja schon vor Angst, wenn sie meinen Namen hörten, immerhin war mein Ruf als gnadenloser Herrscher in der ganzen Welt bekannt. Entweder er kannte meinen Ruf nicht, hatte einfach keine Angst oder er verbarg sie verdammt gut. Was von allen drei Möglichkeiten zutraf, konnte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Ich vermutete aber fast letzteres und das hatte er wohl eindeutig von mir. Ich nickte leicht.
"Du magst deinen Onkel nicht" stellte ich fest, das war mir schon anhand seines letzten Satzes klar. "Möchtest du, dass er stirbt?" Immerhin war er ein Mensch und wusste über uns Bescheid - das verstieß gegen das Gesetz.
"Folge mir" es klang eher wie ein Befehl denn eine Bitte. "Ich werde dich meinem Bruder vorstellen" Hoffentlich war Dora in unseren Gemächern und nicht zufällig in diesem Moment in Aros Nähe. Ich wollte sie immerhin erst darauf vorbereiten, bevor sie ihn sah. Hoffentlich würde sie die Sache nicht als Anlass nehmen, sich von mir zu trennen - das würde ich nicht überleben. Ich würde alles tun, um meinen Fehler wiedergutzumachen. Schließlich drehte ich mich um und schritt in Richtung Schloss, erwartete, dass mein Sohn mir folgen würde.


Variante Nummer Drei traf es dann doch recht gut, denn meine Fassade aufrecht zu erhalten, war eines meiner größten Schätze. Auch wenn mir nur Ansatzweise bewusst war, mit wem ich es zu tun hatte, so konnte ich später noch Schwäche zeigen. Ich vernahm die Frage, die auf meinen Onkel bezogen war und lächelte leicht, dies sollte kein Ja sein, denn eine kleine Information fehlte meinem ´Vater´ dann doch. "Nein, ich mag ihn nicht sonderlich. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Und der Tot wird ihn schneller ereilen als ihm lieb ist. Aber das ist er selber Schuld. 35 Jahre Rauchen, jetzt hat er Lungenkrebs im Endstadium, wenn er noch zwei Monate leben sollte, dann ist er ein wahrer Kämpfer" So sehr ich ihn auch nicht mochte, töten könnte ich ihn nicht, das tat nun die Natur für mich. Gab es also doch einen Gott? Oder war es einfach nur Schicksal. Nun hörte ich Caius wieder zu und holte einmal tief Luft als dieser sagte, dass ich ihm folgen solle um seinem Bruder gegenüber zu treten. Ohne ein weiteres Wort folgte ich ihm, schlimmer ging immer, dass wusste ich, aber irgendwann musste dann auch mal gut sein.


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